„Migration“ hat auf der politischen Bühne wie kein anderes Thema Konjunktur. Wobei man den Eindruck gewinnen kann, alle mit ihr – zurecht oder zu Unrecht – verbundenen Probleme seien vom Tisch, würde nur der „Zustrom“ ausreichend begrenzt werden. Das ist nicht nur eine Illusion, sondern führt bei Millionen von Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte zu spürbarer Angst – in Flüchtlingsheimen ebenso wie in Führungsetagen.
Sehen wir es nüchtern: Die Aufgabe einer guten Integration wird unser Land auch in Zukunft beschäftigen. Sie betrifft ja nicht zuletzt all jene, die schon hier sind, aber für den eigenen Weg der Teilhabe noch Zeit brauchen.
Ein Patentrezept für den Integrationserfolg gibt es dabei nicht, wohl aber einige Zutaten, ohne die gar nichts läuft. Zu aller erst müssen Zugewanderte so früh wie möglich Klarheit über ihre Bleibeperspektive haben, das gesetzliche Regelwerk unseres Zusammenlebens kennen und – selbstverständlich – auch befolgen. Und dann: passgenaue Integrationskurse, gute Beratungsstrukturen, zielgerichtete Sprachförderung an Schulen, eine zügige Anerkennung von Berufsqualifikationen, Zugänge zu Jobs und vieles mehr.
Dabei leisten wir uns enorme Defizite, die wir uns gar nicht leisten dürften. Angesichts bürokratischer Irrwege sind wir von einem zügigen und klar strukturierten Integrationsprozess „aus einem Guss“ noch ein gutes Stück entfernt. Und die Tatsache, dass ein beachtlicher Teil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus Angst vor Rechtsextremismus, Repression und Ausgrenzung ernsthaft darüber nachdenkt, Deutschland zu verlassen, stellt dem Miteinander kein gutes Zeugnis aus. Ich erwarte bei der ganzen Debatte übrigens auch, dass mal ein Blick auf die Verdienste der vielen Menschen in unserem, gemeinsamen nahen Umfeld geworfen wird, deren Eltern oder die selbst nach Niedersachsen gekommen sind.
Wir müssen besser werden, viel besser. Probleme im Kontext der Zuwanderung gilt es klar zu benennen und zu lösen – unaufgeregt, pragmatisch, menschenwürdig! Dabei können und müssen wir uns gerade in Niedersachsen der guten Integrationsstrukturen bewusst sein, der professionellen und aufopferungsvollen Arbeit so vieler haupt- wie ehrenamtlich tätiger Menschen. Auch der Potenziale und Notwendigkeit von Zuwanderung. Ohne sie kommt unser Land doch schon lange nicht mehr aus. In vielen niedersächsischen Betrieben weiß man das allzu genau und bisweilen besser als anderswo. In diesem Sinne bedeutet Migration nicht Bedrohung, sondern Chance, wie es das Deutsche Institut der Wirtschaft jüngst noch einmal betont hat.
Eine Erkenntnis, die unter die Räder der derzeitigen Migrationsdebatte gekommen ist, bleibt richtig: Deutschland ist ein Einwanderungsland – und muss es auch in Zukunft bleiben. Wir alle sollten – auch in ganz eigenem Interesse – weiter daran arbeiten, dem auch gerecht zu werden.