Jahresrückblick 2023: Landesbeauftragter dankt allen, die sich für Integration und Teilhabe starkmachen

Liebe Leserinnen und Leser, 

das Weihnachtsfest steht vor der Tür und ein bewegendes, zum Teil erschütterndes, in jedem Fall ereignisreiches 2023 neigt sich dem Ende. Ein Jahr, das uns den großen Stellenwert von „Migration und Teilhabe“ für unsere Gesellschaft vor Augen geführt hat. 

Die Erdbeben in Syrien und der Türkei haben zu Millionen Tragödien geführt. Noch immer sind die Wunden der Opfer und Betroffenen nicht geheilt. Viele von ihnen haben auch in Niedersachsen bei Angehörigen kurzzeitig Schutz gefunden. Überhaupt haben wir in 2023 einmal mehr die Auswirkungen internationaler Migrationsphänomene durch Krisen und Konflikte auch hierzulande sehr deutlich zu spüren bekommen. 

Während weiterhin viele Menschen aus der Ukraine bei uns Zuflucht gefunden haben, stiegen die Geflüchtetenzahlen zeitweise in lange nicht gekannte Höhen. Die Ankommenden zu versorgen und unterzubringen, hat die Gemeinde und Kommunen vor größte Herausforderungen gestellt und tut dies weiterhin. Trotz spürbarer Problemlagen sehen wir aber auch, dass sich die Lage mittlerweile – Dank des gemeinsamen Kraftaktes von Land und Kommunen – vielerorts entspannt hat und gute Lösungen gefunden wurden. 

Überhaupt können und sollten wir uns – bei allen Defiziten, Engpässen und Resignationserscheinungen – das Mutmachende und Motivierende immer auch wieder bewusst machen. Das sind in Niedersachsen die über Jahre gewachsenen Strukturen der Migrationsarbeit (auch Dank des bewährten KMN-Netzwerkes). Das ist der tagtägliche Einsatz all jener Menschen, die sich mit Ausdauer und Überzeugung für eine gelingende Integration Zugewanderter einsetzen – ob ehrenamtlich im Verein, in der Nachbarschaft oder hauptamtlich in den Gemeinde- oder Landkreisverwaltungen. All das habe ich bei meinen Besuchen im ganzen Bundesland beeindruckt erfahren, von Lohne und Hildesheim über Northeim bis Celle. Ihnen allen gilt mein großer Dank und meine aufrichtige Wertschätzung!

Die bekannten Herausforderungen erwarten uns auch in 2024: Migrationsberatungsstellen gilt es längerfristig zu sichern, die Sprachförderung in allen Bereichen, besonders an den Schulen mit besonderem Bedarf, zu erhalten und auszubauen. Zugänge zum Arbeitsmarkt müssen flexibler und passgenauer gestaltet, bürokratische Hürden weiter abgebaut werden. Wir brauchen insgesamt deutlich mehr Effizienz, Zielgeradigkeit und Willkommensmentalität. Nur dann werden wir auch die dringend benötigten Potentiale der Menschen, die eine Perspektive in unserem Land haben, auch zur Entfaltung bringen können. 

Vor allem gilt es, das gesellschaftliche und politische Klima wieder von den dunklen Wolken rechter Parolen und bewusst geschürter Ängste vor der Zuwanderung zu befreien. Ganz klar: Die Migrationsdebatte des Jahres 2023 hat die Akzeptanz in der Bevölkerung und damit die Integrationsarbeit insgesamt zurückgeworfen. Hinzu kommen die unerträglichen Erscheinungen menschenfeindlicher, rassistischer Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt. Der Antisemitismus zeigt sich gerade seit dem 7. Oktober immer ungenierter mit offenem Visier. 

Diese Entwicklungen sind für unser Land beschämend. Sie widersprechen dem Bild einer modernen Einwanderungsgesellschaft, die auf Zuwanderung angewiesen ist. Sie widersprechen dem freiheitlichen und demokratischen Fundament unseres friedvollen Zusammenlebens. 

Umso mehr gilt es auch hier all jene zivilgesellschaftlichen Initiativen und Migrantenselbstorganisationen zu würdigen, die dem Rassismus, ausgrenzenden Vorurteilen und anderen Formen der Menschenfeindlichkeit in Niedersachsen entgegentreten. Der Niedersächsische Integrationsrat ist hier ein ganz wichtiger Partner, ebenso wie das Miso-Netzwerk Hannover oder die Arbeitsgemeinschaft von Migrantinnen, Migranten und Flüchtlingen in Niedersachsen (amfn e.V.), die einen lesenswerten Reader gegen den Rassismus herausgebracht haben.

Vielfalt ist längst Normalität. Unzählige Veranstaltungen wie etwa das Afrokultur-Festival „Farafina“ in Hannover haben das auf wunderbare Weise zum Vorschein gebracht. Wobei: Vielfalt und Diversität gilt es nicht nur zu leben und zu feiern, sondern in vielen Bereichen unseres Lebens auch weiter zu fördern – in Verwaltungen, der Wirtschaft, der Politik. Auch da haben wir in Zukunft noch einiges vor uns. 

Komme ich zum Abschluss zu einem weiteren Lichtblick meiner Arbeit als Landesbeauftragter. Ansprechpartner für die Heimatvertriebenen und Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler zu sein, ist zu einem meiner Herzensanliegen geworden. Das Deutschlandtreffen der Schlesier und der Tag der Heimat waren besondere Höhepunkte. Viele Gespräche haben mich in dem gemeinsamen Ziel bestärkt, das kulturelle Erbe der Heimatvertriebenen aufrechtzuerhalten und besonders jüngeren Generationen tiefer ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. Ein kleiner Beitrag hierzu ist auch meine im November begonnene „Heimatstuben-Tour“, bei der ich einige der Heimatsammlungen in Niedersachsen besuche. 

Eine ebenso vertrauensvolle Zusammenarbeit hat sich mit den Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler entwickelt, auf die ich mich auch im nächsten Jahr sehr freue. Dabei war für diese Personengruppe 2023 insofern ein gutes Jahr, als eine Gesetzesänderung zu einer erleichterten Anerkennung als Spätaussiedler geführt hat. 

Ganz besonders möchte ich mich bei den Migrantenselbstorganisationen, kommunalen Integrationsbeauftragten, Koordinierungsstellen und allen weiteren Akteuren und Partnern bedanken, die sich mit mir für mehr Teilhabe von zugewanderten Menschen und ein friedvolles und vielfältiges Miteinander in Niedersachsen einsetzen – für ihren Einsatz, ihren inspirierenden Tatendrang und unsere vertrauensvolle Zusammenarbeit. 

In diesem Sinne freue ich mich auf ein gesundes und erfolgreiches Neues Jahr und wünsche Ihnen allen besinnliche Feiertage. 

Ihr Deniz Kurku Niedersächsischer Landesbeauftragter für Migration und Teilhabe

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